Caffè sospeso: Eine Tradition der Großzügigkeit
Kaffee ist nicht nur ein Getränk, sondern in vielen Ländern dieser Erde ein kulturelles Symbol, ein Ritual, eine Möglichkeit, den Tag zu beginnen oder eine Pause zu genießen. Besonders in Italien nimmt der Caffè eine zentrale Rolle ein. Dort ist der Espresso Muntermacher, Lebenselixier und gleichzeitig ein gesellschaftliches Ritual. Man trinkt ihn typischerweise an der Bar, oft verbunden mit einem kleinen Plausch mit anderen Gästen oder dem Barista.
Italienische Kaffeekultur ist weltweit bekannt für ihre Qualität und Vielfalt. Von Ristretto über Cappuccino bis Macchiato – in den traditionellen Bars gibt es zahlreiche Spezialitäten. Ein ganz besonderer Brauch ist der Caffè sospeso. Was es mit dieser schönen Tradition aus Neapel auf sich hat, erfährst du hier. Auch sonst findest du auf diebarista.com, vielerlei Wissenswertes rund um das beliebte Getränk, seine Zubereitung oder den Kaffeeanbau und kannst von Hand geröstete Kaffeesorten direkt online bestellen. Informiere dich hier außerdem über die individuellen Kaffeekonzepte und das Kaffee-Catering von Die Barista.
Caffè sospeso – was ist das?
Ganz kurz erklärt: Der Caffè sospeso – auf Deutsch „schwebender Kaffee“ oder „aufgeschobener Kaffee“ – ist keine Kaffeespezialität, sondern eine neapolitanische Tradition. Es ist eine kleine, aber feine Geste der Großzügigkeit: Ein Gast, der es sich leisten kann, bezahlt nicht nur seinen, sondern zusätzlich einen zweiten Espresso, den er nicht konsumiert. Der Barista notiert diesen auf einer Liste. Dieser zweite, im Voraus bezahlte Kaffee ist nun „in der Schwebe“. Wenn später jemand kommt, der sich keinen Espresso leisten kann, kann er nachfragen, ob es einen „sospeso“ gibt – und erhält ihn kostenlos. Diese Tradition symbolisiert Solidarität und gemeinschaftlichen Zusammenhalt.
Woher stammt die Tradition des Caffè sospeso?
Die Tradition des Caffè sospeso reicht bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück. Sie entwickelte sich in einer Zeit, in der die Bevölkerung Neapels oft auf sich allein gestellt war. Politische und wirtschaftliche Instabilitäten führten dazu, dass sich die Menschen gegenseitig unterstützen mussten. Die Tradition des geschenkten Kaffees war eine Form von Solidarität und Gemeinschaftssinn. Die Idee dahinter war nicht, Almosen zu verteilen, sondern eine Geste des Teilens zu praktizieren.
In Neapel ist der Caffè auch ein Stück Identität. Er ist unverzichtbarer Bestandteil des Alltags. Dies bezieht sich gleichermaßen auf das Getränk und das soziale Miteinander: ein kurzer Austausch mit dem Barista oder anderen Gästen, ein Moment der Geselligkeit. Der Caffè sospeso spiegelt genau dieses Gemeinschaftsgefühl wider. Es geht um ein anonymes Geschenk, um die Freude, etwas weiterzugeben, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Der neapolitanische Schriftsteller und Filmregisseur Luciano De Crescenzo formulierte es so:
„Wenn jemand in Neapel glücklich ist, zahlt er, anstatt [nur] eine Tasse Kaffee für sich selbst zu bezahlen, einfach eine weitere für jemand anderen; es ist, als würde er dem Rest der Welt eine Tasse Kaffee anbieten.“
Diese Tradition wurde besonders während schwieriger Zeiten wichtig – etwa während des Zweiten Weltkriegs, als viele Menschen finanziell stark eingeschränkt waren. Ein geschenkter Kaffee konnte eine kleine Freude im Alltag bedeuten.
Heute lebt der Caffè sospeso weiter, allerdings ist er in Neapel hauptsächlich noch in der Altstadt zu finden. Besonders in der Weihnachtszeit erlebt die Tradition eine Wiederbelebung, wenn Menschen verstärkt an andere denken und großzügiger sind.
Die Verbreitung des Caffè sospeso
Während der Euro- und Finanzkrise ab 2008 gewann die Tradition des Caffè sospeso auch in anderen Ländern an Bedeutung. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten führten dazu, dass sich soziale Initiativen verstärkt mit der Idee beschäftigten.
In Bulgarien beteiligten sich über 150 Cafés an einer gemeinsamen Aktion. In Spanien wurde die Tradition unter dem Namen „Café pendiente“ bekannt. Auch in vielen anderen europäischen Ländern – darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien – wurde das Konzept angenommen. Inzwischen gibt es auch in Nord- und Südamerika sowie in Australien Cafés, die gespendete Kaffees für Bedürftige bereithalten.
In Deutschland gibt es seit 2013 das Projekt „Suspended Coffees Germany“, das sich für die Verbreitung des Caffè sospeso einsetzt. Über eine eigene Website und eine Facebook-Seite werden Cafés, die diese Idee unterstützen, verzeichnet. Inzwischen haben sich knapp 350 Cafés in ganz Deutschland dieser Initiative angeschlossen.
Seit 2017 gehört „Suspended Coffees Germany“ zum Verein TiMMi ToHelp e.V., der das Prinzip des Spendierens auch auf andere Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet hat. Damit ist der Caffè sospeso Vorbild für eine moderne Form sozialer Unterstützung geworden, die heute weit über Neapel hinausgeht.
Wie kann man selbst einen Caffè sospeso spenden?
Die Idee des gespendeten Kaffees ist einfach umzusetzen und erfordert nur eine kleine Geste der Großzügigkeit. Wer in einem teilnehmenden Café einen Espresso bestellt, kann einfach einen zweiten Kaffee bezahlen. Der Barista notiert dies und gibt ihn später an eine bedürftige Person weiter.
Auch wenn nicht jedes Café offiziell an der Initiative teilnimmt, kann man trotzdem fragen, ob eine solche Möglichkeit besteht. In vielen italienischen Bars – insbesondere in Neapel – gehört es noch heute zum Alltag und auch bei uns nimmt die Tradition des Caffè sospeso an Bekanntheit zu. In einigen Cafés gibt es sogar Tafeln oder digitale Systeme, auf denen angezeigt wird, wie viele gespendete Kaffees aktuell verfügbar sind.
Ein kleiner Kaffee mit großer Bedeutung
Der Caffè sospeso ist ein Symbol für Solidarität und Lebensfreude. Die Tradition, einen Kaffee zu verschenken, zeigt, wie einfache Gesten eine große Wirkung haben können. In Neapel bleibt der Caffè sospeso ein wichtiger Teil der Kultur, doch er hat längst auch andere Länder erobert. In einer Zeit, in der soziale Ungleichheit ein großes Thema ist, erinnert uns dieser Brauch daran, dass kleine Akte der Freundlichkeit einen Unterschied machen können.
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